Kirchstr. 85

Alfred Gottschalk mit den Großeltern Henriette und Gustav Gerson

Familie Gerson

Die Familie Gerson war in der Kirchstraße 85 wohnhaft. Gustav Gerson, der Vorsitzender der Synagogengemeinde Oberesels war, wurde am 23.12.1865 geboren. Seine Frau Henriette, geb. Trum, war eine der ersten Frauen, die im Stadtrat vertreten waren. Aus ihrer Ehe ging ihre Tochter, Erna,  hervor. Zur Familie gehörten Henriettes Schwester Rosalie Trum, Schwiegersohn Max Gottschalk und das einzige Enkelkind, Alfred Gottschalk. 

Max Gottschalk

Erna Gottschalk

Gustav Gerson

Viehhandel des Gustav Gerson

Gustav Gerson und sein Schwiegersohn Gottschalk machten Tauschgeschäfte mit einer Frau. Sie redeten auf die Frau ein, dass ihre Kuh schlecht, aber seine dagegen trächtig sei. Die Frau glaubte den Männern und war mit dem Kühetausch einverstanden. Was sie aber nicht ahnte, war, dass sie von Gerson hereingelegt wurde. Ihre neue Kuh starb schon nach ein paar Wochen und die alte Kuh der Frau brachte für die Gersons eine beträchtliche Menge an Milch ein. Die Frau zeigte Gustav Gerson an und er wurde zu einer Geldstrafe von 300 Reichsmark verurteilt.

Die Kuh der Witwe ist in Wirklichkeit trächtig gewesen und die Kuh des Juden Gersons starb nur ein paar Wochen später. Angeblich sollte Gerson gewusst haben, dass die Kuh in wenigen Wochen stirbt und so angeblich die arme Frau über den Tisch gezogen haben. Die Frau zeigte Gersons daraufhin an und dieser wurde vor Gericht gebracht.

Originaler Zeitungsartikel zum Viehhandel der Gersons (PDF)

Ein Staatsanwalt weist vor Gericht auf die betrügerischen Gesetze im Talmud hin

(Auszug aus dem Originalartikel)

Die Juden und die Witwe

In Perscheid auf dem Hunsrück betreibt die Witwe Jäckel eine kleine Landwirtschaft. Sie ist eine arme Frau, hat vier kleine Kinder. Im Stalle hat sie eine einzige Kuh leben, mit deren Milch sie hauptsächlich die Kinder ernährt. Diese Kuh war trächtig und die Frau freute sich sehr, demnächst noch ein Kalb hinzuzubekommen. Sie konnte es bitter nötig gebrauchen. In diesem Ort Perscheid erschien vor kurzem der 70 Jahre alte Jude Gerson aus Oberwesel mit seinem Schwiegersohn, den Juden Gottschalk. Sie kauften eine Kuh, die ein Bauer gerade feil hatte. Nun aber wollten die Juden, um das Geschäft zu vollenden, diese Kuh wieder vorteilhaft verkaufen. Sie besannen sich lange wie sie das machen sollten. Da fiel den alten Juden ein, dass die Witwe Jäckel eine schöne Kuh im Stall hatte. Er beschloss, sie als Opfer auszuersehen. Er wusste, dass sie als alleinlebende Frau, der kein Mann als Berater zur Seite stand, am leichtesten zu übertölpeln war. Dass diese Frau arm war, dass sie vier kleine Kinder, das älteste ist neun Jahre, hatte und dass sie auf jeden Pfennig angewiesen war, dass rührte ihn nicht im Geringsten. Sie war ja eine „Goja“, eine Nichtjüdin, und ihre Rinder waren „Gojimrinder“. Auf die „Gojim“ aber brauchte der Jude keine Rücksicht nehmen, denn es steht im Talmud und in der Tora geschrieben: „Du sollst dich des Nichtjuden nicht erbarmen.“ (Sefer Ikkarim III c 25 und Buch Mose) Der Jude Gerson ging also mit der Kuh und mit dem Juden Gottschalk zur Witwe Jäckel. Er bot ihr seine Kuh zum Tausche an und lobte sie über den Schellenkönig. Aber die Witwe wollte von einem Tausch nichts wissen. Meine Kuh ist jung, gibt Milch und ist Trächtig, ich bin mit ihr zufrieden und ich vertausche sie nicht, „Sagte sie. Der Jude ging in den Stall.“ Das ist ein schlechtes Tier“, mauschelte er. „Die Kuh ist mir mehr wert. Sie kann nur noch verkauft werden als Schlachtvieh. Es ist  eine elende Wurstkuh.“ Dann „untersuchte“ er die Kuh, tastete sie ab und beteuerte der Frau, die Kuh sei gar nicht trächtig. Die Frau begann zu zweifeln.

Der Jude sah keinen Vorteil und redete auf die arme Frau ein, bis sie völlig verwirrt wurde. Sie kannte sich nicht mehr aus. Nun begann auch noch der Jude Gottschalk zu reden. Die Kuh des Juden wurde immer besser hingestellt, die der Frau immer schlechter. Endlich war es gelungen, die Frau war mit dem Tausch einverstanden. Sie glaubte dem Juden, der ihr hoch und heilig versicherte, er müsse es als erfahrener Fachmann  wissen, ob die Kuh trächtig sei oder nicht. Die Kuh des Juden kam in den Stall. Die der Frau wurde von den Fremdrassigen fortgetrieben. Draußen lachten die Juden einander an und der 70 Jährige Gerson sagte zu seinem gleichrassigen Schwiegersohn:  „ Siehst du, so musst du es machen. Es war eine harte Arbeit aber es ist gelungen.“ […]

Der angeklagte Gerson wurde wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 300 Reichsmark, ersatzweise 30 Tagen Haft und Tragung der Gerichtskosten verurteilt.

Bericht des Stürmers über den Viehhändler Gustav Gerson und seinen Schwiegersohn Max Gottschalk aus Oberwesel vom Oktober 1935, in: Marcel Griesang: Vom Boykott zur Enteignung. Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Ausschaltung der Juden im Gebiet des heutigen Rhein-Hunsrück-Kreises,  hrsg. v. Förderkreis Synagoge Laufersweiler e.V., Laufersweiler 2010.

Der Talmud

Die Bezeichnung "Talmud" kommt aus dem Hebräischen und bedeutet "Studium" oder "Lehre". Während die Tora lediglich die Regeln aufzeigt, regelt der Talmud alle praktischen Angelenheiten der Juden und wird als das wichtigste jüdische Gesetzeswerk betrachtet.

Die Verdrängung aus dem Viehhandel

Noch 1935 wurde der Kontakt zwischen jüdischen und christlichen Händlern auf den regionalen Märkten als rege bezeichnet. Dies sollte sich insbesondere dank der Überwachungsmaßnahmen im Raum Rhein-Hunsrück bald ändern.

(Schreiben des Amtsbürgermeisters Hummerich aus Kastellaun)

Tod und Nachkommen

Max Gottschalk zusammen mit seiner Frau Erna, geb. Gerson

Noch vor Gustav Gerson starb dessen Frau Henriette, geb. Trum, im Jahr 1937 und am 29.11.1940 folgte Gustav ihr nach. Er starb auf der Flucht vor der Gestapo an einem Herzversagen am Oberweseler Bahnhof. Die Schwägerin Rosalie Trum wanderte nach Amerika aus. Jedoch wurde ihre Tochter vermutlich auf Grund ihrer Gehbehinderung für die Überfahrt abgelehnt. Sie wurde im Jahr 1942 von den Nazis ermordet. Ebenso setzte auch Gustav Gersons Schwiegersohn, Max Gottschalk, im Jahr 1938 vom Rotterdamer Hafen nach New York über und plante von dort aus die Flucht seiner Familie. So folgten 1939 dessen Frau Erna und Sohn Albert nach. Max Gottschalk verstarb jedoch mit 47 Jahren an Leukämie. Gustav Gersons Enkelkind, Alfred Gottschalk, lebte noch bis 2009 und war Dr. der jüdischen Theologie und Rabbiner.